627
Fehling – Fehn- und Moorkolonien
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Fehlgeburt'
örtlichen Krankheiten der Mutter sowie von den angeborenen und erworbenen Abnormitäten des Eies und der Eihäute abgesehen,
sind es vorzüglich folgende Einflüsse, welche die F. hervorrufen und deshalb von den Schwangern, besonders in den ersten
Monaten der Schwangerschaft, streng gemieden werden müssen: heftige Erschütterungen des mütterlichen Körpers (durch Stöße,
Sprünge, Fall, Fehltritt, Tanzen, Fahren, roh ausgeübten Beischlaf, Heben und Tragen schwerer Lasten, übermäßigen Husten,
heftiges Erbrechen), Mißbrauch erregender Speisen und Getränke, zu lange fortgesetztes Fasten, Nachtwachen, geistige
Anstrengung, heftige Gemütserschütterungen, starkes Schnüren, Mißbrauch allgemeiner Bäder, scharfe Abführmittel,
harnvermehrende und sog. fruchtabtreibende Arzneimittel. Die absichtlich und widerrechtlich herbeigeführte F. nennt man
Abtreibung (s. d.) der Leibesfrucht.
In den ersten 3 Monaten erfolgt die F. häufig ohne alle Vorboten, indem plötzlich ein starker, einige Tage andauernder
Blutabgang eintritt, welcher erst mit der Ausstoßung des Eies aufhört. In den spätern Monaten stellen sich oft gewisse
Vorboten der F. ein: öfteres Frösteln mit darauffolgender Hitze, allgemeine Mattigkeit, Gefühl von Schwere in den Gliedern,
Schwindel, Anwandlungen von Ohnmacht, Herzklopfen, Schlaflosigkeit, trübe Gemütsstimmung, Appetitlosigkeit, Dehnen und
Ziehen in der Lenden- und Leistengegend, Spannen und Schwere im Kreuze, Abgang von Flüssigkeit oder Blut aus den
Geschlechtsteilen. Zeigen sich diese Vorboten, oder haben Frauen, die schon einmal oder gar mehrmals abortierten, den
Zeitpunkt in ihrer jetzigen Schwangerschaft, in welchem sie bei frühern Schwangerschaften eine F. machten, erreicht, so
müssen sie die strengste Ruhe des Körpers und Geistes bei horizontaler Lage im Bette und mäßiger Temperatur des Zimmers
beobachten und sich aller aufregenden Speisen, Getränke und Arzneien enthalten. Bei jeder F. ist unbedingt ein Arzt zu
rufen, da die eintretende Blutung eine so bedeutende werden kann, daß sie einen lebensgefährlichen Grad erreicht. Nach
erlittener F. bedürfen die Frauen, da sie sich in der Regel sehr angegriffen und geschwächt fühlen, noch einer längern,
sorgsamen Pflege und sollen, um bleibenden Nachteilen vorzubeugen, mindestens 8 Tage das Bett hüten. Dabei muß die Kost
reizlos, leicht verdaulich, aber nährend sein. über die künstliche F. s. Frühgeburt.
Fehling, Hermann, Chemiker, geb. 9. Juni 1812 in Lübeck, studierte in Heidelberg und trat dann in
das Liebigsche Laboratorium zu Gießen. 1839 wurde er Professor der Chemie am Polytechnikum in Stuttgart; er starb 1. Juli
1885. Die organische Chemie verdankt ihm manche wichtige Entdeckung, die analytische und technische Chemie vielseitige
Förderung. Von besonderer Bedeutung ist sein Verfahren zur Bestimmung des Zuckers (s. Fehlingsche Lösung).
Er besorgte die Übersetzung von Payens «Précis de chimie industrielle» ins Deutsche
(«Gewerbschemie», 2. Aufl., Stuttg. 1852) und leitete die neue Auflage des von Liebig, Poggendorff und Wöhler begründeten
«Handwörterbuchs der Chemie» (Braunschw. 1871 fg.).
Fehlingsche Lösung, zur volumetrischen Zuckerbestimmung (s. Saccharimetrie)
dienende Flüssigkeit, wird hergestellt, indem man 34,64 g reinen Kupfervitriol in 200 ccm
destillierten Wasser löst, mit einer kalt bereiteten Losung von 173 g ↔ Kaliumtartrat in 500-600 ccm
Natronlauge (spec. Gewicht 1,12) vermischt und das Ganze mit Wasser auf 1 l verdünnt.
Beabsichtigt man längere Aufbewahrung der Lösung, so fügt man vor dem Auffüllen mit Wasser 150 g reinstes Glycerin hinzu.
10 ccm dieser klaren, tiefblauen Lösung werden gerade durch 0,05 g Traubenzucker
vollständig zu Kupferoxydul reduziert.
Fehlschluß, jeder Verstoß gegen die Regeln des Syllogismus (s. d.), in deren
Aufzählung die Logiker von Aristoteles an großen Scharfsinn bewiesen haben. Der vielleicht häufigste Fehler ist die sog.
Quaternio terminorum, darin bestehend, daß der Syllogismus statt der erforderlichen
drei Grundbestandteile (Elemente oder Termini) deren vier enthält, indem zwei Begriffe infolge einer Doppelsinnigkeit des
Ausdrucks für identisch genommen werden, ohne es zu sein. (S. Trugschluß.)
Fehmarn oder Femern, eine zum Kreis Oldenburg des preuß.
Reg.-Bez. Schleswig gehörige Insel der Ostsee, von der Nordostspitze Holsteins durch den 1500 m breiten
Fehmarnsund getrennt, hat 185 qkm und etwa 10000 E. F. ist meist eben, wasser- und
holzarm, aber mit seinem fetten Boden sehr geeignet zum Anbau von Weizen und Raps sowie zur Viehzucht. F. ist in vier
Kirchspiele geteilt und enthält 3 Amtsbezirke mit einer Stadt und 44 Dörfern. Die Bevölkerung ist zumeist dithmarsischer
Herkunft. Die Stadt Burg, auf F., nahe an der Südküste ist Sitz eines Amtsgerichts
(Landgericht Kiel) sowie eines schwed. und norweg. Konsuls und hat (1890) 2760 E., Post zweiter Klasse, evang. Pfarrkirche,
Telegraph, eine Bank, 2 Sparkassen und Ackerbau. In der Nähe (4 km) stand die Burg
Glambek; 7,5 km nordwestlich liegt der bedeutendste Ort
Petersdorf. F. trägt vier Leuchttürme. – F. gehörte ursprünglich zu
Wagrien (s. d.); der Name F. wird aus dem Slawischen ve-morje, d. h.
im Meer, abgeleitet. F. ward 1248 von dem dän. König Erich IV. Plogpenning erobert und kam 1326 als dän. Lehn wieder in den
Besitz des holstein. Grafenhauses. Schon vorher hatte die Insel ihr eigenes Landrecht ausgebildet, und Burg hatte Lübisches
Recht. F. wurde 1420 durch König Erich von Dänemark und 1644 durch die Schweden verwüstet. Erst seit Anfang des 17. Jahrh,
wurde F. zum Herzogtum Schleswig gerechnet, bis es 1867 wieder (politisch) mit dem holstein. Kreise Oldenburg vereinigt
ward. In der Nacht vom 15. bis 16. März 1864 setzten die Preußen nach F. über, wo die dän. Besatzung überrumpelt und
gefangen wurde. Im Frieden zu Prag (1866) wurde die Insel preußisch.
Fehn, Fenne, Fenn
(althochdeutsch fenni; niederländ. veen),
Sumpfland, Moorland, Bruch. – Fehnkanäle, Fehnkultur,
s. Fehn- und Moorkolonien.
Fehn- und Moorkolonien. Fehnkolonien werden in Torfmooren zu
dem Zweck angelegt, die unter dem Moor gelegenen Flächen in Acker-, Wiesen- und Weideland zu verwandeln
(Fehnkultur). Um für den abzugrabenden Torf einen billigen Transport zu erzielen,
werden schiffbare Kanäle (Fehnkanäle) von den nächstgelegenen, für den Absatz
vorteilhaften Wasserstraßen aus ins Moor hinein hergestellt; an diese Kanäle schließt sich ein Netz von Seiten- und
Parallelkanälen, die zunächst (neben der notwendigen Entwässerung) den Zweck der billigen Heranschaffung des gewonnenen
Torfs an den Haupt-
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 628.